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Samstag, 17. April 2010

1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weg war.
2 Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
3 Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus und sie kamen zum Grab.
4 Es liefen aber die zwei miteinander und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab,
5 schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein.
6 Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen,
7 aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort.
8 Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte.
9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsste.
10 Da gingen die Jünger wieder heim.


Die beiden Jünger auf unserem Bild sprechen mit ihrer Haltung eine deutliche Sprache: Sie haben es eilig. Nach vorne gebeugt stürmen sie los.

Der linke von beiden, es ist wohl Johannes, hält die Hände fest zusammengedrückt vor der Brust, so als wollte er sagen: Du liebe Zeit! Oh weh, was ist da geschehen. Die Nachricht – von Maria Magdalena überbracht – war ja alles andere als eindeutig: Vermuteter Grabraub – sie haben den Herrn weggenommen. Und wohin haben sie ihn gebracht? Diese Worte und entsprechende Gedanken voller Zweifel und großer Besorgnis signalisieren mir die Hände des Johannes.

Anders die Hände des Petrus. Die linke Hand mit ausgestrecktem Zeigefinder: Da müssen wir hin. Wir müssen nachsehen, überprüfen. Die rechte liegt auf dem Herzen, so als wollten sie das schnelle, vielleicht auch ängstliche Schlagen beruhigen. Man hält das Herz schon mal von außen fest, wenn es innen rumort. Ob es hilft?

Der Wind bläst den beiden zum Grab stürmenden Jüngern ins Gesicht, oder sie eilen so schnell, dass Haare und Gewänder nach hinten fliegen.

Was für ein Ostermorgen. Die Botschaft vom leeren Grab hat keinen Glauben geweckt. Grabraub und Leichenschändung sind eher denkbar als Auferstehung.
Nicht Freude und Osterjubel ergreift die Herzen, sondern Angst und ungewisse Ahnung. Was ist bloß geschehen?

Als sie auf dem Friedhof am Grab ankommen, sehen sie dieses geöffnet. Maria Magdalena scheint recht gehabt zu haben. Sie haben ihn weggenommen. Johannes hat es als erster entdeckt. Er war schneller, wohl auch jünger. Die Furcht jedoch hält ihn zurück, in das Grab hineinzugehen. Tod und Grab haben immer etwas an sich, das Furcht einflößt. Ein gewisser Abstand kann gut tun.

Petrus ist – wieder einmal – etwas draufgängerischer. Er geht hinein, will wissen, was Sache ist. Die Leichentücher liegen geordnet da. Sauber geordnet. Das sieht nicht nach Grabraub oder Leichenschändung aus. Eher wohl so: Der Tote hat sein Gewand abgelegt. Er braucht die Hüllen der Pietät nicht mehr. Ja, der Tod selbst ist beiseite gelegt. Übrig geblieben sind nur noch seine Merkmale.

Beide nehmen es wahr. Nach Petrus geht auch Johannes hinein. Diese Szene – Johannes neigt in seinem Schriftgut ja dazu, entscheidende Ereignisse wie ein Drama zu zeichnen – spricht mich besonders an. Es ist ein Hin und Her in der Bewegung von Furcht und Entsetzen hin zum aufkeimenden Glauben. Einer schaut nur ins Grab hinein und weicht zurück, der andere sieht genauer hin und was geschieht mit ihm? Zunächst keine Erwähnung. Der andere geht nun doch hinein, um sich zu überzeugen, was geschehen ist.

Ostern wird es langsam. Von Furcht und Entsetzen hin zu ersten Hoffnungsschimmern. Von großer Befürchtung hin zu ersten Schritten des Vertrauens. So geht es den Menschen, wenn sie die Botschaft hören, dass der Christus ein lebendiger ist. Wie denn und wo denn?
Schauen wir noch einmal auf unser Bild. Die beiden scheinen mit dem Kopf voraus zu laufen. So als streckten sie sich einem Ziel entgegen. Die Augen sind ebenfalls ganz nach vorne gerichtet, auch wenn ich auf den Gesichtern noch einige Züge von Zweifel und Unbehagen zu erkennen meine. Das Ziel aber heißt erkennen, erfahren, wahrnehmen, was geschehen ist.

Man muss sich schon auf den Weg machen. In der Gemeinschaft der Frustrierten und der Zweifler sitzen zu bleiben - das verhilft zu keiner neuen Erfahrung. Auch zu keiner mit dem Glauben und schon gar nicht mit dem lebendigen Gott. Da kann man zwar alle die üblichen Wenn und Aber durchkauen und das immer wieder, aber es passiert nichts.
Der Weg zu einem lebendigen Glauben geht nur über die Suche und die Bereitschaft, Altgewohntes zu verlassen und sich auf ein Neues einzulassen. Ich glaube sogar, dass der ganze Glaube ein Weg ist, ein unterwegs sein – weg von Altem hin zu Neuem:

- Vom Zweifel zur Überzeugung
- Von Skepsis zum Vertrauen
- Von Verzagtheit zur Hoffnung – und letztlich
- Vom Tod zum Leben

Dahin sind jedenfalls die beiden auf unserem Bild unterwegs. Dass sie am Ende unserer Geschichte da schon ganz angekommen sind, das wird aus dem Text des Evangeliums, das wir gehört haben, noch nicht deutlich. Von einem – das ist nun wieder Johannes, der sich selbst in seinem Evangelium immer ein wenig umschreibt, ohne seinen Namen zu nennen – wird gesagt, dass er nach dem 2. Anlauf, das leere Grab in Augenschein zu nehmen, geglaubt habe. Wir könnten auch sagen: Er hat Vertrauen gefasst. Von Petrus wird das nicht gesagt. Vielleicht trägt auf unserem Bild deshalb Johannes auch ein weißes und Petrus ein dunkelbraunes Gewand, ich weiß es nicht, es ist mir aber aufgefallen.

Auf jeden Fall wird von beiden gesagt, dass sie noch nicht richtig verstanden hatten.
Und so gehen sie erst einmal wieder nach Hause. Eingeweihte wissen, dass es in der Folge eine Reihe von Begegnungen mit dem lebendigen Christus gegeben hat – so berichtet Johannes. Unsere Geschichte von den beiden zum Grab Eilenden endet hier. Und das Bild bleibt mit seiner Darstellung auch in dieser Situation stehen. Wir auch – so in einem Zwischenzustand zwischen Karfreitag und Ostermorgen. Zweifel und Glauben, Skepsis und Vertrauen?

Ich halte noch einmal ein – und sehe auf das Bild. Der Maler hat einen besonderen Hintergrund gemalt. Da sind die dunklen Wolken noch zu sehen, aber hinter ihnen geht die Sonne auf. Sie ist selbst noch nicht zu sehen, aber ihr Schein ist mehr als deutlich. Das Licht von Ostern, von Auferstehung ist da.
Es hüllt die beiden ein. Und mit ihnen alle, die unterwegs sind, das Leben, den lebendigen Christus zu suchen. Das Licht hüllt auch alle Zweifel, ja allen Unglauben, alle Furcht mit ein. Und damit auch jede und jeden von uns. Ostern, der lebendige Christus ist mehr als das, was wir mitbringen, was wir schaffen auf unserem Weg, viel größer, viel umfassender.

Und am Ende hüllt er mit seinem Licht alles Dunkel ein und die Welt wird hell und unser Herz auch, der Verstand wird klar und der Weg kommt an sein Ziel. Das Ziel ist Leben, das durch nichts und niemand mehr zerstört werden kann. Machen wir uns auf den Weg.

Amen

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