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Mittwoch, 8. Dezember 2010

Adventsgruss

Mache dich auf und werde Licht, denn dein Licht kommt

Die christliche Gemeinde deutscher Sprache, St. Nikolausverein" in Alanya wünscht allen türkischen und deutschen Freunden eine gesegnete Weihnachnachtszeit.

Donnerstag, 11. November 2010

Predigt vom 07.11.2010

Denn unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber.
Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebende Herr sei.
( Brief an die Römer 14, 7 – 9 )


Liebe Gemeinde,

ein spannender Text! Allerdings passt er nicht zu dem Thema, das uns durch das Evangelium und die liturgischen Stücke ans Herz gelegt wurde. Das Evangelium und dieser „Drittletzte Sonntag im Kirchenjahr“ reden vom letzten Tag, bzw. vom ersten Tag, wenn man optimistisch ist. Der Wiederkunft Christi, dem jüngste Gericht, dem ewige Leben.
Der Apostel hingegen sagt seine drei gewichtigen Sätze in einem anderen, wie ich finde einfacheren Zusammenhang. Nicht nur die böse Welt da draußen vor der Kirchentür, sondern auch die kirchliche Welt reißt Texte aus dem Zusammenhang und fügt sie in Zusammenhänge ein, die ihr passen.
Keiner lebt sich selber, keiner stirbt sich selber. Leben wir, leben wir dem Herrn. Sterben wir, so sterben wir dem Herrn… Was sollte besser zu dem Glaubensartikel passen: Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten? Paulus aber spricht im gesamten 14. Kapitel von der Gemeinde, genauer von Starken und Schwachen in ihr.
Ich hole da mal etwas weiter aus. Die Kenner, na klar nur die Kenner, die Nichtkenner haben keine Rätsel, die Kennerinnen des Römerbriefs, rätseln darüber, ob unser Brief wirklich nach Rom gegangen ist. Es gibt rasend interessante Theorien darüber, ob der Name Rom eine Deckadresse gewesen ist. Ganz Radikale meinen sogar, „Rom“ sei ein Deckname für Jerusalem gewesen.
Mir scheint es gesichert zu sein, dass Paulus die Gemeinde, an die er schrieb nicht kannte. Dann fragt man sich vielleicht, wie kann der Apostel zu der Gemeinde in Rom etwas sagen, die er nicht kannte?
Das ist ja immer die spannende Frage. Wie können katholische Priester etwas Rechtes zu Ehe und Familie sagen, die haben da doch keinerlei Erfahrung. Oder wie kann ein Atheist etwas Gescheites über den Glauben sagen, den er nie hatte oder irgendwann verlor?
Der Witz ist jedoch, liebe Gemeinde, solche Leute können durchaus etwas Rechtes dazu sagen. Mancher kath. Priester sagt Besseres zu Familie und Ehe als der mit fünf gescheiterten Ehen Erfahrungsgesättigte und mancher Atheist kann über den Glauben gescheitere Dinge sagen, als der frömmelnde Kirchenspringer.
Paulus kannte die Gemeinde in Rom nicht, wenn er dennoch etwas Gescheites und Rechtes über die Gemeinde sagen konnte, dann könnte das auch für eine andere wichtig sein. Zum Beispiel so einer Gemeinde, wie unserer in Alanya. -
Starke und Schwache. Wer ist bei uns stark, wer ist schwach? Der Pfarrer, ja, der Pfarrer muss auf alle Fälle stark sein. Stark im Glauben. Stark in der Moral, stark im Einstecken, stark im Austeilen, wenn er auf die eindrischt, auf die eingedroschen werden sollte. Eine stabile Gesundheit sollte er haben. Zum Schalldeckel sollte er sich eignen. Witzig muss er sein, jederzeit redebereit. Stark an Ideen, immer präsent, eine Führungspersönlichkeit, eine Laterne, die auch dann noch leuchtet, wenn man sie unten anpinkelt.
Und wer ist schwach in der Gemeinde? Das ist eine wirklich gemeine Frage. Das darf sich doch keine und keiner leisten in der Gemeinde – Schwäche. Richtige Schwäche meine ich, nicht solche, die rasch damit getröstet ist, wenn ihr gesagt wird, du bist doch gar nicht so schwach. Das ist doch genau wie draußen, Schwäche darf niemand zeigen. Wer schwach ist, kommt um im falschen Mitleid. Wer Schwäche zeigen muss, weil er sie nicht verbergen kann, wird mit einem mitleidigen Lächeln in das passende Schubfach gesteckt.
Starke und Schwache in der Gemeinde, ein heißes Thema, das letztlich deswegen niemals ernsthaft angepackt wird, weil der Starke stark bleiben muss und die Schwache unten gehalten wird.
Und so gesehen, liebe Gemeinde, ist die einzig echte Möglichkeit, über Starke und Schwache in der Gemeinde zu reden diese, dass man zu einer Gemeinde spricht, die man nicht kennt. So wie unser Apostel.
Also, was versteht der Apostel unter Starken und unter Schwachen?
Er sieht auf die Stelle, die für eine christliche Gemeinde entscheidend sein müsste, auf den Glauben. Er redet von Starken und Schwachen im Glauben.
Vielleicht meinen wir, das könne doch wohl nicht wehtun. Sogar die Muslime, bei denen solche Dinge noch im Kurs stehen, sind sehr misstrauisch gegen einen starken Glauben. Wenn der Glauben die Menschen hinreißt, wenn er alles erobert, was das Leben regeln muss, wenn der Glaube einen Menschen keine Verwandten kennen lässt, dann ist das Chaos da.
Und bei uns erst, da ist schon derjenige als Glaubens-radikalinski verdächtig, der aus Glaubensgründen die Ehe nicht bricht, nicht säuft, regelmäßig in die Kirche geht und noch nicht einmal Witze über das Beten reißt.
Der Apostel sieht das anders, sehr anders. Der Starke im Glauben, sagt er, isst alles, um mal ganz konkret zu werden. Der Schwache im Glauben isst kein Schweinefleisch, vielleicht sogar gar kein Fleisch. Der Schwache im Glauben braucht Feiertage, der Starke im Glauben hält alle Tage für gleich. Der Starke im Glauben hält alles für rein, der Schwache im Glauben wird nie fertig mit dem Prüfen.
So stark, sagen jetzt in ihrem Herzen die Meisten, können wir leicht sein, wenn’s sein muss, essen wir sogar Insekten, die Sonntage feiern wir ohnehin so, wie es unsere Arbeit zulässt und die Reinheitsfrage, Jesus hat es auch gesagt, die Reinheitsfrage ist für uns schon lange erledigt. Aber Vorsicht! Die Stärke der Starken im Glauben besteht bei Paulus darin, dass die Starken alle ihre Freiheiten zurückschieben können, wenn es um das Gewissen der anderen geht, seine Existenz in der Gemeinde.
Wir reden von der Wirklichkeit der christlichen Gemeinde, die wir sind, liebe Gemeinde. Nimmt deine Glaubensschwester Anstoß an deiner Freiheit, dann sei so frei, auf solche Freiheit zu verzichten. Kommt dein Glaubensbruder nicht damit zurecht, dass du Homosexualität für eine normale menschliche Möglichkeit hältst, veranstalte keine Demonstrationen.
Die Summe aus alldem lautet: Erweise deine Freiheit darin, den anderen an seinen Unfreiheiten nicht zerschellen zu lassen. An anderer Stelle drückt der Apostel es so aus: Alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut die Gemeinde.
So sind wir am Ende zu einer entscheidenden Aussage gekommen. Für Paulus ist Gemeinde, also die Truppe, die von Jesus Christus angerührt, ein Neubau in unserer alten Welt. Vereine werden gegründet und aufgelöst, die Gemeinde ist Gottes persönliches Werk. So schließe ich zusammenfassend mit einem Satz aus dem Kontext unseres Predigttextes: Zerstört nicht um der Speise willen Gottes Werk.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Predigt zum Reformationstag

Bei totalem Stromausfall in Alanya feierten etwa 100 Gottesdienstbesucher/innen im großen Sall des Konservatoriums ihren Gottesdienst zum Reformationstag. Ohne Orgelbegleitung wurden die großen Lutherchoräle gesungen. Die Ansprache zum Reformationstag können Sie hier lesen.


Liebe Gemeinde, besonders liebe katholische Christen,

Sie haben das wohl so gut es ging mitgesungen: „Erhalt uns Herr bei deinem Wort…“ Kennen Sie den ursprünglichen Text? Er hieß: „Erhalt uns Herr bei deinem Wort und steure Papst und Türken Mord…“ Vielleicht kann man sich darüber ein anders Mal unterhalten, über den Papst und Luther, über Luther und die Türken. Heute ist Reformationstag und da möchte ich nicht so sehr die Streitigkeiten in den Vordergrund stellen, sondern das, was ihn zum Reformator machte und vielleicht auch uns bewegen kann.
Sie haben vorhin einen für Martin Luther wichtigen Bibeltext gehört: Römer 1,16 und 17. Ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist eine Kraft Gottes zum Heil allen Glaubenden, zuerst den Juden und dann den Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wurde in ihm offenbart, aus Glauben zum Glauben, wie ja auch geschrieben steht: Der aus Glauben Gerechte wird leben.
Hören Sie das, so bleibt Ihnen auf jeden Fall bewusst, dass das Wort „Glauben“ die beiden Sätze sehr dominiert. Das Wort „Glauben“ ist für Martin Luther Zeit seines Lebens ein entscheidendes Wort geblieben. Es war Luther so wichtig, dass Karl Barth, der große Theologe aus Basel, in seiner Wohnung vor die Ausgabe der Werke Martin Luthers einen Vorhang hängte, allen, die sich mit Martin Luther beschäftigten zur Warnung. Karl Barth sah nämlich bei Luther die Gefahr, dass die Heilstatsachen sich in subjektive Behauptungen wandeln könnten, dass sich keiner mehr an ihnen stoßen konnte.
Sie kennen das Problem, liebe Gemeinde, mein Glauben ist meine Sache. Mein Glauben geht niemanden etwas an, meinen Glauben baue ich mir selber. Karl Barth hat befürchtet, dass „mein Glauben“ „den Glauben“ kaputt macht.
Das hat Martin Luther zweifellos nicht so verstanden, obwohl es sicher ist, dass der Glauben für Luther das A und O all dessen ist, was mit Christentum gemeint ist.
„Glaubst so hast du, glaubst du nicht, so hast du nicht!“ „Gott und Glaube kommen zuhauf“ …Das sind ganz entscheidende Sätze, durch die Martin Luthers Theologie blitzartig erhellt wird.
Der Glaube, unser Glaube, mein Glaube…von unserem kurzen Bibeltext gibt es zwei Übersetzungen. Luther las mit seiner Tradition: Der Gerechte wird aus Glauben leben. Aber dann durchfuhr es ihn wie ein Schlag, als ihm die andere Übersetzung gelang: Der Gerechte aus Glauben wird leben.
Das war Luthers große Entdeckung, die ihn nicht wieder losließ. Der Mensch gefällt Gott im Gewand des Glaubens. Der Glauben macht den Unansehnlich ansehnlich vor Gott und den Hässlichen schön. Der Mensch ist durch den Glauben gerechtfertigt vor Gott. Die Rechtfertigungslehre ist die Kurzbeschreibung dessen, was Menschsein bedeutet.
Ärgern Sie sich nicht, liebe Gemeinde, wenn Sie das nicht gleich fassen. Oder wenn Sie in sich ein deutliches „nein“ hören.
Ganz andere als wir sind damit nicht zurechtgekommen. Zum Beispiel der berühmte Humanist Erasmus von Rotterdam.
Zuerst sah es für viele der Zeitgenossen Luthers und des Erasmus so aus, als zögen die beiden an einem Strang. Erasmus war ein Sprachgenie. Er sprach nur Lateinisch, seine 2000 Brief und seine 150 Bücher sind in Griechisch oder Lateinisch geschrieben. Für Martin Luther und seine theologischen Mitarbeiter besonders interessant: Erasmus von Rotterdam gab 1516 die erste kritische Edition des Neuen Testaments heraus, die Luther wohl bei seiner Bibelübersetzung auf der Wartburg benutzte.
Erasmus, ein Feingeist, ein Kritiker hatte seine Forderungen an die Kirche. Aber er wollte eine Reform der Kirche von innen, keinen Kampf auf Leben und Tod, wie ihn Luther zu kämpfen bereit war.
Die beiden sehr unterschiedlichen Charaktere Luther und Erasmus sind sich nie persönlich begegnet. Ab 1519, also zwei Jahre nach dem Thesenanschlag, standen sie in einem Briefwechsel. Schon bald zeigte es sich, dass sie nicht an einem Strang ziehen konnten. Zugespitzt hat sich das in ihrem Verständnis des „freien Willens“ des Menschen.
1524 erschien die Schrift des Erasmus „De libero arbitrio“, „Vom freien Willen“. Und Martin Luther reagierte darauf mit der Erwiderungsschrift „De servo arbitrio“, „Vom unfreien (bzw. geknechteten) Willen“.
1525 war für Martin Luther ein wichtiges Jahr. In dem Jahr heiratete Luther die entsprungene Nonne Katharina von Bora. Nicht aus Liebe, sondern weil Katharina versorgt werden musste und weil Luther mit diesem Schritt ein weiteres Sakrament säkularisierte, das Sakrament der Ehe. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass 1525 der Bauernkrieg von den Fürsten blutig niedergeschlagen wurde und dass Martin Luther unerträglich scharf Partei gegen die Bauern ergriffen hatte.
Zurück zu den beiden großen Geistern. Hat der Mensch einen freien oder einen unfreien Willen? Selbstverständlich kann der Mensch sich entscheiden, ob er isst oder hungert, ob er schläft oder wacht ob er einen Regenschirm ergreift, wenn es regnet oder nicht, ob er seine Zähne putzt…Den beiden Großen ging es um die Frage, ob der Mensch etwas tun kann für sein Heil. Hat Gott die ganze Arbeit zu leisten, wenn es um den Erwerb des ewigen Lebens geht oder kann sich der Mensch daran beteiligen. Selbstverständlich hat Erasmus nicht im Traum daran gedacht, der Mensch könne das ewige Leben allein erwerben. Gott spielt dabei eine wichtige Rolle, aber was kann der Mensch dazu beitragen?
Für Erasmus war klar, dass der Mensch solch einen freien Willen hat, wie sollte er sonst verantwortlich sein für sein Leben? Martin Luther dagegen malt ein Bild, mit dem er die Versklavtheit des menschlichen Willens im Blick auf das Heil illustriert. Der Mensch ist ein Reittier, entweder er wird vom Satan in die Hölle oder von Jesus Christus in den Himmel geritten. Gerade im Blick auf das ewige Leben, so Martin Luther, muss der Mensch davor bewahrt werden, selber zu bestimmen. Denn was kann der sündige Mensch schaffen außer Unheil?
Luthers Buch vom „Unfreien Willen“ ist das Härteste, was an theologischen Schriften erschienen ist, auch Luthers Freund, wie Philipp Melanchthon, waren über die Schrift sehr unglücklich. Ich meine, man kann diese Schrift nur ertragen oder etwas verstehen, wenn man sich klar macht, dass für Luther Quelle und Maßstab des Glaubens allein die Bibel war bzw. dass der Glaube schafft, was kein Sein hat.
Liebe Gemeinde, Martin Luthers Entdeckung des Glaubens hat zur Folge, dass Glaube und Wissen, Glaube und Moral sich trennten. Uns wird ja immer unterstellt, der Glaube wäre ein minderes Wissen oder im besseren Fall eine Vorstufe zum Wissen. Aber das ist falsch. Der Christusglaube ist ein Macht, die den Menschen von sich wegreißt hin zu Gott, die den Sterblichen dem Tod entreißt und ins Leben hinein reißt.
Wenn es Glaubende gibt, dann sind es neue Geschöpfe Gottes, wenn der Glaube fehlt, so hat es Gott (noch) nicht gefallen, Glauben zu schenken.
Karl Barth, erkannte, wie Luther missverstanden werden kann, hat auf die Frage, wie viel der Mensch mit seinem Heil zu tun hat, geantwortet, so viel wie der Erhängte mit seinem Strick.
Liebe Gemeinde, Reformation heißt nicht so sehr, dass sich die Kirche wandelte, Reformation heißt eher, dass Gott wieder zugeschrieben bekommt, was sein Werk ist, die neue Schöpfung, da Leben, das hier schon beginnt. Amen

Montag, 18. Oktober 2010

Kamerateam des ZDF zu Gast bei der Gemeinde

Zwei Tage wurden wir von einem Kamerateam des ZDF begleitet. Für alle Schaulustigen: Das Ergebnis kann man am Dienstag 19.10.10 im ZDF in der Mittagsschau bzw. abends in den 21.45 Uhr Nachrichten sehen. Die Predigt unseres „Fernsehgottesdienstes steht hier unten.

Wir bitten und ermahnen euch in dem Herrn Jesus, da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut -, dass ihr darin immer vollkommener werdet. Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Unzucht und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen. Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. Wer das nun verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen heiligen Geist in euch gibt
(1.Thess.4,1-8)

Liebe Gemeinde, liebe Gäste.

„mit dem Zweiten sieht man besser“ behauptet das ZDF, von dem Vertreter/innen heute diesen Gottesdienst mitfeiern. Ich verstehe nur nicht, weshalb man sich bei diesen Worten das andere Auge, das Erste also, zuhalten muss. Zwei Augen sehen mehr als eins und sei es das Zweite, denke ich.
Aber das nur als kleinen Einstieg, man möchte ja aktuell sein. Bei uns geht es nicht um die Augen sondern um die Ohren.
Hören zwei Ohren mehr als eins? Oder ist das zweite Ohr öfter dazu da, das schnell durchzulassen, was durchs erste Ohr hineingekommen ist?
Jemand sagte zu Beginn meines Dienstantritts: Ach, wissen Sie, manches, was in der Gemeinde geredet wird, das lassen Sie zum einen Ohr rein und zum andern schnell wieder raus. Ein wahrscheinlich guter Rat. Nur, man muss erst einmal herausbekommen, wobei man auf Durchzug zu schalten hat. Ich gestehe, daran lerne ich schon einige Jahrzehnte und falle immer wieder darauf rein. Ich höre, wenn es sich nicht lohnt und ich schalte auf Durchzug, wenn ich hören sollte.
Auf Durchzug, liebe Gemeinde, schalte ich besonders schnell, wenn ich ermahnt werde. Ich finde, dafür muss die Welt Verständnis haben.
Einen alten Knochen von 65 Jahren, den sollte man doch getrost in Ruhe lassen können oder? Andererseits, ob ich wirklich glücklich bin, wenn ich in Ruhe gelassen werde? Fühle ich mich nicht eigentlich im Grunde ganz wohl in meinem Murren gegen Ermahnungen. Gehört es nicht auch zum Leben, mal meckern zu können über die scheinbaren Besserwisser? Ach, im Grunde fühlt man sich doch auch letztlich wohl in seiner Verärgerung.
Wenn wir in Ruhe gelassen werden, dann sind wir doch nahe Null. Wer keinen Grund mehr hat, sich aufzuregen, der ist irgendwie schon ziemlich tief gefallen. Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht wenige Deutschsprachige in Alanya gibt, die sich geradezu danach sehnen mal wieder ermahnt zu werden, sich mal über jemanden aufzuregen, den man im Grunde doch ganz gern hat. Um aus dem pfarrherrlichen Nähkästchen zu plauschen, am Donnerstag stand ich auf dem Friedhof und beerdigte einen alten deutschen Mann. Die Trauergemeinde bestand aus vier Grabgräbern, der Bestatterin, zwei Fotografen und mir, schwitzend im Talar. Wenn da doch noch ein paar Leute gewesen wären. Egal ob sie in einem freundlichen oder angespannten Verhältnis zum Gestorbenen gestanden haben. Hauptsache, sie hätten mitdenken, das Vater unser mitbeten, vielleicht sogar ein altes und sei es ein abgedroschenes Beerdigungslied mitsingen können. Wie stehen wir da in der muslimischen Umwelt, die so auf die Familie schwört. Wie steht es mit der jüdisch-christlichen Werken der Barmherzigkeit, Tote zu begraben und trauernde zu trösten?
Ich wollte nur sagen, man weiß noch nicht einmal, womit man in dieser Welt beschenkt ist. Es kann die mahnende Stimme des Ehepartners sein. Es kann die kleinliche Kritik eines Nächsten sein.
Wer ermahnt wird, wer kritisiert wird, der ist noch nicht ganz tot.
Und so genommen, liebe Gemeinde, ist das Neue Testament, sind die Briefe des Apostels einmalige Lebensbotschaften, denn sie ermahnen uns noch und noch, so dass es vielen schon zum anderen Ohr herauskommt.
Hören wir uns die Mahnungen in unserm Text an. In meiner Bibel steht schon als Überschrift „Ermahnung zur Heiligung“ und dann geht es los: Wir bitten und ermahnen euch, so wahr wir im selben Boot sitzen, das Geist Jesu Christi heißt. Ein jeder soll seine eigene Frau gewinnen. Keiner soll seinen Nächsten übers Ohr hauen. Von der Befolgung dieser Mahnung hängt Tod und Leben, also eure Christusbeziehung ab.
Ich habe lange gebraucht, bis ich Schafskopf begriffen habe, weshalb der Apostel Seite um Seite in seinen Briefen Mahnungen schreibt und warum seine Hörer bzw. Leser so etwas so sorgfältig aufgehoben haben. Ach ja, das hätte ich fast vergessen, wir hörten einen Abschnitt aus einem unglaublichen Dokument. Das erste Schriftstück, das wir vom Apostel Paulus haben, den 1.Brief an die Thessalonicher. Wie viel Millionen Menschen haben das voll Respekt gelesen? Wie viel tausend sind davon inspiriert worden? Wir haben doch leider nahezu vergessen, welcher Schatz uns in die Hände gelegt worden ist. Wir gehen damit um wie mit unseren Eltern, unseren Traditionen, alles nur lästig, alles freiheitsverhindernd.
Also, weshalb mahnt der Apostel Seite um Seite und hier auf zwei ganz entscheidenden Gebieten, der Sexualität und des Besitzes?
Er ermahnt deswegen, weil er und seine Gemeinde eine unglaubliche Freiheitserfahrung machten. Eine neue Wirklichkeit, eine Realität im schärfsten Sinn des Wortes hatte sie ergriffen, die Realität ewigen Lebens durch die Begegnung mit Jesus Christus. Über ihre Existenz war ein für allemal entschieden worden zu Gunsten des Lebens.
Die Folge war, alle Bindungen fielen.
So kann der Apostel sagen, seine ganze bisherige Existenz sei zu einem Nichts, zu einem Dreck geworden aufgrund der Begegnung vor Damaskus. Und der Gemeinde in Thessaloniki um 50 unserer Zeitrechnung war Ähnliches begegnet. Was zählte nach der Ankunft des Lebens Sitte und Moral, was galt Besitz, Handel und Wandel? Alles war vor der Gabe des Lebens zusammengeschrumpelt zu einem Nichts, einem Kehricht, wie eine Übersetzung sehr vornehm formuliert.
Der geniale und manchmal fürchterliche Martin Luther hat das, was ich Ihnen sage ungeheuer treffend formuliert. Er sagt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“. Der durch Jesus Christus zum Himmel erhobene Mensch ist frei, frei gegen über seinem Herrn Jesus Christus und damit frei zum Dienst gegen alle Kreatur.
Wir sind also so frei, dass wir uns mahnen und bitten lassen können, ja, dass wir uns geradezu nach Ermahnung und Bitte sehnen, um mit den Füßen auf der Erde zu bleiben.
Irgendwie möchte ich jetzt zum Schluss kommen, liebe Gemeinde. Und ein halbwegs anständiger Schluss, lesen Sie es in den Medien nach, ein passabler Schluss kommt unweigerlich zum Anfang zurück.
„Mit dem Zweiten sieht man besser!“ Das war der Beginn. Wir setzen über Jahrhunderte schon aufs Ohr. Wir lassen uns sagen, dass wir geliebt sind, wo wir auch stehen oder gehen fallen oder verlieren, wir sind freie Menschen geworden. Aber die draußen. Von denen der Apostel ganz schaurig schreibt, dass sie Heiden wären, die in „gieriger Lust“ ihr Leben verschwenden, die hören nicht so sehr, was wir sagen, die sehen uns, Die überzeugt wer wir sind im Alltag, in der Begegnung, in unserem Gehabe. Und wenn ich schon diese Stelle von der „gierigen Lust“ der Heiden zitiere, dann darf ich aus meiner Erfahrung sagen, dass die Heiden mir viel gezügelter, auch viel lebensfroher begegnen als ich es oft bin. Wir dürfen lernen, unsere Freiheit zu gebrauchen, darum ermahne ich euch. Amen.

Mittwoch, 29. September 2010

Pfarrer Martin Brunnemann und Frau Sigrid

 
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Pfarrer Brunnemann stellt sich vor

Martin Brunnemann, Pfarrer in Alanya
ab Sept. 2010
und Ehefrau stellen sich vor:
Martin Brunnemann 15.10.1945 in Weida/Thür
Schulausbildung in Oranienburg
Theologiestudium an den kirchlichen Hochschulen Berlin/Ost und Naumburg/Saale
1 Jahr Pfarrer im Hilfsdienst in Seelow, 6 Jahre Pfarrer in Velten bei Berlin/Ost
6 Jahre Pfarrer in Forst/Lausitz, 1984 Übersiedlung in die Bundesrepublik
4 Jahre Sozialpädagoge in Altensteig, 6 Jahre Pfarrer in Karlsruhe
12 Jahre Pfarrer in Zell a.H.
November 2009 emeritiert

Sigrid Brunnemann geb. Newerla 30.03.1950
Besuch der Schule in Forst/Lausitz, Ausbildung am Lutherstift in Frankfurt/Oder
Ausbildung am Luise-Henrietten-Stift Lehnin/Brandenburg

Wir haben vier heute erwachsene Kinder und drei Enkel. Eine Adoptivtochter starb nach einer Herzoperation in Tübingen.

Sie schreiben:
„Wir freuen uns, dass wir die Beauftragung durch die EKD bekamen. Wir werden vom 14.09.10 - 30.06.11 bei Ihnen sein. Wir freuen uns auf ein "gedeihliches" Miteinander und grüßen Sie sehr herzlich,

Ihre Sigrid und Martin Brunnemann“

Dienstag, 28. September 2010

Predigt von Pfarrer Martin Brunnemann

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.. Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit mir für das Evangelium in der Kraft Gottes.
Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.(2.Tim.1,7-10)

Liebe Gemeinde,

der Apostel beginnt negativ. Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, Negativ reden ist einfacher als positiv zu reden. Strecken wir uns mal gleich nach oben! Es ist einfacher zu sagen, was Gott nicht ist, als was er ist.
Gott ist nicht der unbewegte Regisseur des Welttheaters. Gott ist keine erste Ursache, die einmal alles anstieß, um sich dann zurück zu ziehen. Gott ist nicht König und wir seine Sklaven. Oder, Gott ist nicht so wie wir Menschen, er ist unvergleichbar… Wir können diese Negativreihe fortsetzen. Aber irgendwann kommt mit Sicherheit die ungeduldige Aufforderung – sag’s positiv. Und das müssen wir diesem merkwürdigen Apostel Paulus lassen, er hat da allerhand zu bieten, positiv zu sagen, was der Geist ist, den er und sein Gegenüber von Gott bekamen. Zwar beginnt er negativ, Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben… aber dann, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit! Das sollte man sich doch einprägen, nicht den Geist der Furcht sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Wenn das kein Pfund ist, mit dem Sie wuchern können, liebe Gemeinde!
Nun hat unser Apostel seine Briefe bekanntlich nicht im Lutherdeutsch sondern in Griechisch geschrieben. Und da gibt es dann selbst beim heiligen Luther manchmal Übersetzungen, die ziemlich weit ab von dem sind, was im Urtext, im Griechischen, steht. Und bei Luther sind das merkwürdiger Weise oft keine Nebensachen sondern entscheidende Wendungen. Da hat der geistbegabte Riese aus dem Mittelalter am Text weitergebaut, ganz genial, bis heute besser als alles andere. Und dann ist man leider als ein auf die Schrift verpflichteter Theologe gezwungen, das zu sagen, was er da zeugte. Bei uns, in unserem Text, ist es das Wort „Furcht“, das Luther in den Text einträgt. Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht…Im Griechischen steht da „Feigheit“.
Furcht und Feigheit, dazwischen können Welten stehen. Furcht ist menschlich, auch wenn in der Bibel behauptet wird, sie sei nichts nütze. Furcht wird verziehen, ich hätte beinahe gesagt, Furcht muss verziehen werden. Nicht umsonst heißt es in der Bibel wieder und wieder „Fürchte dich nicht!“ Die Furcht bleibt und ohne Zuspruch verschlingt und knebelt sie uns Menschen.
Feigheit. Dagegen, Feigheit wird nicht verziehen. Feigheit verdirbt das Bild eines Menschen bis in die Wurzeln. Feigheit sondert ab. Religiös gesprochen, Feigheit verunreinigt. Und – Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Feigheit. Das Problem aber, liebe Christenmenschen, ist dieses, dass beides Geist ist. Geist der Furcht und Geist der Feigheit und es ist verdammt schwer, die Geister zu scheiden, ja, Gott selber muss mitmischen, wenn die Unterscheidung der Geister gelingen soll.
Furcht – Feigheit. Sie wissen viel besser, wo wir leben, liebe ökumenische Gemeinde. Sind die Christen mit ihrem Christentum in der Türkei so leise, weil sie sich fürchten müssen oder sind sie so leise, weil sie feige sind? Eine gemeine Frage, die ich nur stellen darf, weil ich mich mit ihr in der vergangenen DDR mindestens drei Jahrzehnte intensiv beschäftigte. Sind meine Frau und ich mit Familie und Sack und Pack einmal aus einer Gesellschaft weggegangen, weil dort die Menschen zur Feigheit gedemütigt wurden, um jetzt freiwillig in eine Welt zurück zu gehen, in der man Wanzen husten hören kann und noch nicht gelernt worden ist, das es mehr als eine Religion gibt? Wo endet die Feigheit, wo beginnt die Furcht, in der Gott beistehen wird? Das sind Fragen, bleibende Fragen, auch wenn sie manchmal einen rhetorischen Charakter angenommen haben.
Der Apostel beginnt negativ und wird dann überwältigend positiv – Gott gab uns den Geist der Kraft, die Liebe und der Besonnenheit. Hören Sie die Reihenfolge, liebe Gemeinde? Zuerst einen Geist der Kraft. Wenn man doch erklären könnte, wie solche Reihen zustande kommen. Kraft, Liebe, Besonnenheit. Sind das Zufälle, ist’s gewollt oder noch geheimnisvoller kommt das aus irgendwelchen Tiefenschichten unseres Lebens, die nicht wir beherrschen, sondern die uns im Griff haben?
Wie es auch sei, der Geist der Kraft, die Dynamik, also die Glaubensdynamik steht am Beginn der Reihe. Daran soll ich Sie heute erinnern, Sie dieser Tatsache froh machen.
Ihr Glauben ist Kraft, ist Dynamik. Er kann Sie tragen. Er kann Sie über Wasser halten. Er hält Sie aus samt allem, was Sie selber nicht aushalten zu können meinen.
Hier jedenfalls steht die Kraft vor der Liebe und vor der Besonnenheit, und das ist gut so! Unser Glauben hat zwar mit Sicherheit mit dem „Seelenheil“ zu tun, wie es „Türkis“ locker, flockig formulierte, aber auch mit unausweichlichen Kampf, mit Selbstüberwindung und mit Öffentlichkeit, die zum Leben einer solchen Kraft bedarf.
Erstaunlich, erfreulich konkret sagt der Apostel es nicht nur negativ sondern auch gefährlich positiv. So ist der Teil Gottes. den er sozusagen in uns einverleibte, sein Heiliger Geist. Unser Glauben zwingt zur Eindeutigkeit und schafft Konkretionen, weil sein Anfangs- und Endpunkt in einem einzigen Ja zusammen fällt. Dieses Ja ist letztlich und zuerst nichts anderes als ein Name der Name Jesus Christus. Diesen Namen, diese Konkretion des erschienen Lebens feiern wir in unseren Gottesdiensten. In unserer Welt des Fragens und Tastens und Verfehlens gibt es, gibt es wirklich diesen Namen, der über alle Namen ist.
Unser Text steht in einem sehr persönlichen Brief, jedenfalls im Vergleich mit den anderen biblischen Briefen. Die theologische Wissenschaft hat dafür den Namen „Pastoralbrief“ geprägt. Und einer Erklärung des Briefs wird mit einer glücklichen Wendung gesagt, der Brief sei Seelsorge am Seelsorger. Bemerkenswert ist da, dass derjenige, der sich um die Seele des Timotheus sorgt im Gefängnis sitzt und dass er behauptet, sein großer Seelsorger sei einer, der am Kreuz sterbend siegte. Und dieser Apostel hat in seiner Seelsorge den Mut, seinen Klienten zu belasten, indem er ihn auffordert, sich einzureihen in die Linie des Lebens, Kreuzigung, Gefängnis, Gegenüber zur Welt…leide mit mir für das Evangelium…
Es gibt viel Schamhaftigkeit bei uns Christen, viel Getrickse, um sich mit dem Sehen lassen zu können was so als „Christentum“ verstanden werden soll, Viele suchen eine Lücke, in der sie mit sich und einem bisschen Glauben über die Runden kommen können. Ich darf das wieder so sagen, weil ich zu denen, gehöre die schwach sind, obwohl sie stark gemacht wurden, zu denen, die sich gegen alle geschenkte Liebe isolieren und zu denen, die auf den Tisch hauen, weil sie den Geist der Besonnenheit vergaßen.
Aber wir sind mehr als wir meinen. Unser Leben steht im Licht durch das Evangelium, amen.

Montag, 27. September 2010

Ankündigung Erntedank in Belek

Der Erntedank-Gottesdienst in Alanya findet am 3.10.2010 um 11.30 Uhr im Konservatorium ( ehemals Kulturzentrum ) statt.
Weitere İnformationen folgen.

Donnerstag, 24. Juni 2010

Gott befohlen, christliche Gemeinde Deutscher Sprache, St. Nikolaus Antalya/Alanya

Am 25.6.2010 geht unser Flieger von Antalya nach Hamburg. Wir blicken zurück auf 15 Monate Dienst in Alanya. Was bleibt? Uns hat es viel Freude bereitet, nach langen Dienstjahren in Deutschland hier in der Diaspora noch einmal ganz neue Erfahrungen zu machen. Wie kann Kirche in dieser Situation gestaltet und gelebt werden. Es kommt weniger auf die Strukturen an, da gibt der Nikolausverein schon ein gutes Dach. Es geht um Menschen, die einander und die dem lebendigen Gott begegnen. Und das in vielfältiger Form. Wir denken an die gut besuchten Gottesdienste, das fröhliche und manchmal auch launische Kirchencafe, die Fahrten mit der Gesamtgemeinde und die guten Begegnungen und die Kooperation mit den niederländischen und norwegischen Mitchristen. Wir denken an ehrenamtlich Mitarbeitende, die sich einsetzen ohne zu fragen, was krieg ich dafür. Wir denken auch an die freundlichen türkischen Gastgeber, vom Bürgermeister über die Forstverwaltung, den Müdür des Kulturhauses bis hin zu den Mitarbeitenden der Security .
Das alles und noch manches mehr bleibt in guter Erinnerung. Wir denken gern an Alanya und wünschen gute Zeiten unter der Sonne eines gütigen und barmherzigen Gottes. Und deshalb noch einmal:
Gott befohlen.

Marlies und Johann Weingärtner

Abschied von Pfarrer Johann Weingärtner

Mit einem Gottesdienst, einer gemeinsamen Kaffeetafel und einem anschließenden Konzert verabschiedeten sich Pfarrer Weingärtner und seine Gattin von Alanya
Dankesworte sprachen im Namen der Gemeinde Herr Rolf Rutter und im Namen des St. Nikolaus-Kirchenvereins Herr Prälat Korten.
Bei der Kaffeetafel im Foyer des Städt. Konservatoriums konnten sich die zahlreichen Gemeindemitglieder aus Alanya und Antalya austauschen.
Den Abschluß des Abschieds bildete ein Konzert für Klavier und Mezzosopran
von Prof. Hans-Jürgen Schnoor und Frau Maike Albrecht aus Lübeck.
Frohgemut gingen die Alanyaner Christen nach Hause und die Besucher aus Antalya bestiegen reich beschenkt den Bus zur Heimfahrt ins 140 km entfernte Antalya.
Pfarrer Weingärtner und seine Gattin haben mit diesem gelungenen Nachmittag
eine weitere Spur in Alanya hinterlassen.
 
 
 
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Abschiedspredigt von Pfarrer Weingärtner am 13. Juni 2010 in Alanya

Liebe Gemeinde,

„Integration von Türken und Deutschen in Deutschland und der Türkei“ – so lautete das Thema eines Kongresses im letzten Jahr in Konakli, an dem Pfr. Korten und ich zusammen mit Gemeindegliedern aus Antalya und Alanya teilnahmen. Ein zeitgenössisches Thema – ein altes Thema. „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge – sondern Mitbürger und Hausgenossen.“ So haben wir in der Epistellesung dieses Sonntags gehört, die zugleich Predigtext ist.

Das war anscheinend damals ein Thema hier in Kleinasien mit seinen vielfältigen Gemeinden an ganz unterschiedlichen Orten. In Ephesus und Sardes in Philadelphia und Kolossä, in Perge und Antiochien, in Kappadozien und wer weiß, wo sonst noch. Der Epheserbrief ist ja an alle diese Gemeinden gerichtet.

Warum muß das vom Apostel so geschrieben werden: Ihr seid nicht mehr Gäste und Fremdlinge. Anscheinend waren sie es einmal. Wie auch anderswo: Gastarbeiter und Ausländer, Asylbewerber und Bürger mit Migrationshintergrund; und die alle müssen zusammenleben mit den vielen, die meinen, über die alten angestammten Rechte zu verfügen. So oder ähnlich sehen menschliche Gesellschaften in ihrer Vielfalt aus.

Zu Zeiten des Apostels waren die Gräben aufgebrochen zwischen den Christen, die aus der Synagoge kamen, also unmittelbar mit religiösen Wurzeln in dem Glauben, dem auch Jesus entstammte: Dem Judentum, und den so genannten Heidenchristen. Sind die Heidenchristen gleichwertig? Die kennen doch nicht die Tradition des Gottes der Väter Abraham, Isaak und Jakob und auch nicht die Botschaft der Propheten Jesaja, Jeremia und all der anderen. Die sind doch gleichermaßen durch Nebeneingänge in die christliche Gemeinde gelangt ohne die Legimitation der heiligen Tradition. Sind sie nicht so etwas wie geistliche Asylbewerber und deshalb mehr oder weniger vom Wohlwollen der Inhaber des eigentlichen Bürger- und Hausrechtes abhängig? Außerdem kamen sie auch noch vielfach aus den niederen sozialen Schichten, die man heute unter dem Begriff Prekariat zusammenfasst. Immerhin - sie waren Christen geworden, hatten das Evangelium angenommen und waren auch getauft worden. Aber eben mehr auch nicht. Alles andere fehlte ihnen. Vor allem aber der Ritus des Judentums – die Beschneidung. Und viele meinten: Entweder sie holen das nach und sie passen sich an – oder sie sind bestenfalls Gäste und Fremdlinge und wenn es gut geht: geduldet. Mehr aber nicht.

Integration oder Anpassung – mit einem Fachbegriff Assimilation – das ist die Frage. Und sie ist es nicht nur im heutigen Deutschland oder hier in der südlichen Türkei – es ist auch eine Frage in der Kirche. Wer gehört dazu, wer ist vollwertiges Mitglied, also Mitbürger und Hausgenosse und wer ist Gast und Fremdling.

In dem Haus, in dem meine Frau und ich seit April 2009 gewohnt haben, lässt sich sehr schön deutlich machen, welche Blüten der genannte Sachverhalt gelegentlich treiben kann: Da wohnen Norweger und Dänen, Holländer und Deutsche und natürlich Türken unter einem Dach. Und da gibt es Hausversammlungen, in denen sich Fraktionen bilden: Wer mit wem gegen wen? Das ist oft die Frage. Dass eine funktionierende Klingelanlage dabei herauskommt – das ist bis heute nicht gelungen. Nun ist nach einigen Jahren eine Türkin Vorsitzende. Vielleicht kann man meinen Nachfolger dann per Klingel erreichen und muß sich nicht mehr mit dem Handy von außen anmelden, wenn man zum Pfarrer möchte. Ja, solche Blüten kann es treiben, wenn Menschen Abstufungen in der Wertigkeit vornehmen.

Aber zurück zur Kirche: Der Apostel macht es unmissverständlich klar: All diese Verhaltens – und Denkweisen, die eingrenzen und ausgrenzen – je nach Position – haben in ihr keinen Raum. Denn er, der Christus, ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren.

„Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater.
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn.“

Die Grenzen sind damit aufgehoben. Allerdings nicht einfach wahllos. Das Verbindende wird dargestellt, darauf muß nun das Augenmerk gerichtet werden. Was verbindet die Christen in der Gemeinde?

1. Der Friede Gottes
Er hat Frieden gemacht zwischen sich und den Menschen. Dieser Friede ist besiegelt durch den Tod Jesu. Frieden erfordert immer Opfer. Da die Menschen dazu nicht in der Lage waren – und auch weiterhin kaum sind – hat Gott dies Opfer selbst gebracht. Menschen verursachen immer Opfer bei den anderen, oder sie werden sinnlos gefordert. Das Kreuz allerdings steht nun als Zeichen dafür, dass gar keine Opfer mehr nötig sind. Wer sich unter das Kreuz stellt und die Kraft der gewaltlosen Liebe an und in sich wirken lässt, der erfährt zu Kraft zum Frieden, um die wir bitten dürfen. So steht das Kreuz hier auf dem Altar und es ist in unseren gottesdienstlichen Räumen präsent. Der Friede Gottes ist der Friede des Kreuzes Jesu. Niemand ist von dieser Liebe und diesem Frieden ausgeschlossen. Und deshalb zählen keine Grenzen mehr. Der Friede Gottes ist das Bindemittel der christlichen Gemeinde.

2. Die Botschaft der Apostel
Wir hören das gleiche Evangelium, wir lesen die gleichen Briefe und Schriften der Bibel. Das verbindet uns. Diese Erfahrung habe ich immer wieder gemacht – auch und gerade im ökumenischen Dialog. Gerne erinnere ich mich an eine Sternstunde in dieser Hinsicht. Wir haben am Ort meiner letzten Wirkungsstätte als Pastor im aktiven Dienst viele ökumenische Gesprächsrunden gehabt. Am Nächsten sind wir uns anlässlich einer ökumenischen Bibelwoche gekommen. Wir haben nichts anderes gemacht, als Bibeltexte gelesen, und uns gegenseitig erzählt, was sie uns bedeuten, was sie uns in der gegenwärtigen Situation sagen. Wohl nie waren wir uns näher, die Römischen Katholiken, die Lutheraner und die Freikirchler. Viel haben wir Theologen von den Laien gelernt, deren Zugänge zur Schrift oft viel unmittelbarer sind als unser von Exegese und Dogmatik geprägtes Denken. Und immer wieder machten wir die Erfahrung: Je näher wir Christus kommen, umso näher sind wir beieinander. Er ist der Schlußstein, der alles trägt und dafür sorgt, dass das Gewölbe der Kirche nicht einbricht, sondern ein gutes Dach bildet für alle, die sich darunter versammeln.

So erreichen wir in geschwisterlicher Verbundenheit das Ziel, das es anzustreben gilt:

3. Das geistliche und geistvolle Haus
„----- auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.“
Ein geistliches Haus. Wir könnten auch sagen: Ein Haus voller Geist. Jedes Haus, jede Wohnung ist geprägt von dem Geist, der in ihm oder ihr weht. Wir spüren dass schnell, wenn wir eine Wohnung betreten und den Menschen begegnen, die in ihr zuhause sind. Ist das ein fröhlicher Geist? Der Geist Gottes ist ein fröhlicher Geist. Ist da ein friedvoller Geist? Der Geist Gottes ist ein friedvoller Geist. Ist das ein freiheitlicher Geist? Der Geist Gottes atmet Freiheit von allen Zwängen. Welcher Geist weht nun hier in unserer Nikolausgemeinde an der türkischen Südküste zwischen Antalya und Alanya und an beiden Stellen auch noch darüber hinaus – von Gasipasa bis nach Kemer?


Einige Erfahrungen:
Wir haben hier keine Kirchen im herkömmlichen Sinne, einmal von der Kapelle in Belek abgesehen. Wir haben Häuser, in denen wir Gottesdienste feiern. Da treffen sich Gesprächsgruppen, da wird bei Kaffee und Kuchen Gemeinschaft gepflegt mit allem, was dazugehört. Die Gebäude sind kaum das bindende, sie sind nur gemietet oder von anderen zur Verfügung gestellt. Die Kirche – das ist hier nicht der Bau mit Glockenturm, das sind die Menschen, die sich im Namen des dreieinigen Gottes versammeln. Sie klagen und loben, sie beten und singen, sie hören und feiern das Mahl des Herrn. Und die Grenzen? Sie sind kaum oder wenig zu spüren. Das Bindende, das Verbindende ist hier gegenwärtig, freilich nicht ohne Fehler und Mängel. Wir sind auch nur Menschen und Christenmenschen, die, wenn sie das „Herr, erbarme dich“, das „Kyrie eleison“, am Sonntag singen, auch und gerade an sich selbst zu denken haben.

Aber viel von dem Frieden des Kreuzes und dem gemeinsamen Grund des Glaubens und einem Geist, der Freiheit atmet, habe ich hier gespürt und miterlebt. Möge es so bleiben in der Zeit die kommt. Dass ich einiges davon mit nach Nordfriesland nehmen kann, dafür bin ich dankbar.
Amen

Donnerstag, 10. Juni 2010

Gemeindereise nach Istanbul

Einmal pro Jahr unternehmen wir eine Gemeindereise mit dem Ziel, die Türkei kennenzulernen und die Christen aus Antalya und Alanya zusammenzubringen. In diesem Jahr machte sich die 45-köpfige Reisegruppe per Flugzeug nach Istanbul auf . Schwerpunkt sollte das ehemalige Konstantinopel sein, jene Epoche der Stadt, die in türkischer Betrachtung oftmals zu kurz kommt. Eine kleine Bildergallerie soll Ihnen einen bescheidenen Eindruck vermitteln von den vielen Eindrücken, die die Teilnehmer in den 4 Tagen des Aufenthaltes in Istanbul aufnehmen konnten.
Besuch bei der evang. Gemeinde

Promenieren in der Istiklal-Caddesi

Besichtigung der Sultan Ahmet Moschee - auch die Blaue Moschee genannt
In der Hagia Sophia - Maria und Johannes der Täufer verneigen sich vor Christus

Hagia Sophia - Ausschnitt

Sommerresidenz der deutschen Botschafter in Tarabya

Wir alle waren dabei
Bootsfahrt auf dem Bosporus, im Hintergrund die Ortaköy-Moschee u. die Bosporus-Brücke

Besuch beim griechisch-orthodoxen Patriarchat

Prälat R.Korten und Pfarrer Weingärtner im Gespräch mit einem griechisch-orthodoxen Priester

Chora-Kloster - hintere Ansicht
Chora-Kloster

Chora Kloster - staunende Gesichter

Chora-Kloster - Mosaik des Hl.Petrus

Chora-Kloster - Mosaik des Hl.Paulus

Andacht auf dem Soldatenfriedhof in Istanbul


Andacht auf dem Soldatenfriedhof im Garten der deutschen Botschafter in Tarabya
Liebe Schwestern und Brüder,

als Pfr. Korten mich bat, hier auf dem Gelände der deutschen Botschaft eine Andacht zu halten, da war die kleine Kirche unten neben der Sommerresidenz dafür vorgesehen. Die aber wird gerade renoviert, und nun stehen wir hier oben unter dem schlichten Holzkreuz auf dem Soldatenfriedhof. Da kommt eher die Stimmung des Volkstrauertages auf. Was sind die Gefallenen aus dem 1. Weltkrieg, die hier liegen. Sind sie Helden oder Opfer?

Ich zitiere einige Verse aus dem 27. Psalm:
Der HERR ist mein Licht und mein Heil;
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der HERR ist meines Lebens Kraft;
vor wem sollte mir grauen?
Wenn sich auch ein Heer wider mich lagert,
so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht;
wenn sich Krieg wider mich erhebt,
so verlasse ich mich auf ihn.
Eines bitte ich vom HERRN, das hätte ich gerne:
dass ich im Hause des HERRN bleiben könne mein Leben lang,
HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe;
sei mir gnädig und erhöre mich!
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir,
und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil!
HERR, weise mir deinen Weg
und leite mich auf ebener Bahn.

Noch einmal die Frage: Helden oder Opfer?
Ich erinnere mich an den 1. Gottesdienst zum Volkstrauertag als junger Pfarrer in meiner Dorfgemeinde im Spessart. Fast 40 Jahre ist das her. Da waren vor allem 2 Gruppen im Gottesdienst und danach bei der Gedenkfeier am Ehrenmahl.
Einerseits standen da sehr aufrecht die Veteranen. Sie dachten an die gefallenen Kameraden, die wohl eher Helden für sie waren. Man sprach ja vom Heldentod und manchmal auch noch vom Heldengedenktag. Gerne hätten Sie – wie wohl bei meinen Vorgängern – am Schluss des Gottesdienstes das Lied vom guten Kameraden von der Orgel gehört. Dem konnte ich nicht entsprechen, dafür spielte der Organist „O Haupt voll Blut und Wunden“.

Und dann standen da – eher ein wenig gebeugt – die Kriegerwitwen und auch noch einige Halbwaisen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie Gedanken an Helden und Heldentod bewegte.
Sie empfanden noch immer den tiefen Verlust. Sie hatten Opfer gebracht, waren selbst – oder zumindest die Ehemänner und Väter – Opfer geworden.

Und wieder die Frage, die sich mit besonders auf Soldatenfriedhöfen und an Ehremahlen stellt. Was sind diese Gefallenen: Helden oder Opfer?

Und wo ist Gott? Sein Zeichen ist das Kreuz, das hier so eindruckvoll in seiner Schlichtheit aufragt. Gott ist immer bei den Opfern und wird am Ende selbst zum Opfer. Zerrieben zwischen den Fronten, an denen sich die Helden gebärden. Wenn Gott Frieden macht, dann produziert er keine Opfer – er opfert sich selbst. Das ist der andere Weg. Der Weg des Christus. Er ist der absolut gewaltlose Held. Er weiß – und das wird in Gethsemane deutlich: Wer Heldenmut mit Gewalt unter Beweis stellt, der produziert auch stets Opfer.

Schon im Alten Testament wird der kommende Retter, der gleichzeitig der leidende Gottessohn ist. mit folgenden Titeln benannt: Gott – Held, Ewig Vater – Friedefürst.

Wenn denn das Kreuz des Christus auf den Soldatenfriedhöfen ernst genommen wird und nicht nur schmückendes Beiwerk ist, dann sind Soldatengräber die größten Prediger des Friedens. Eines Friedens, der keine Opfer mehr braucht. Der Christus verzeiht am Kreuz den Feinden und überschüttet sie nicht mit Hass. Und einen verzweifelten Übeltäter nimmt er mit sich mitten hinein ins Paradies. Der so redet und handelt, liebe Geschwister, ist der Held und der Friedefürst.

Beten wir deshalb zum Friedefürsten:
Um deine Kraft zum Frieden bitten wir, guter Gott:
Wir erkennen dankbar, daß es unter uns Menschen gibt
- einflußreiche und unbekannte -,
die Spannungen überbrücken,
die nicht aufhören zu verhandeln,
die überall den Frieden suchen.
Um deine Kraft zum Frieden bitten wir, guter Gott:
Um den Mut, allen entgegenzutreten,
die an gewaltsame Lösungen denken,
die mit Gedanken an Krieg ihr Spiel treiben,
die durch spannende Schilderungen den Krieg verharmlosen.

Um deine Kraft zum Frieden bitten wir, guter Gott:
Möchten wir noch mehr darauf achten,
wo wir - persönlich und als Deutsche - uns zu breit machen,
wo Unsicherheit in der eigenen Überzeugung uns dazu verleitet,
in Andersdenkenden Feinde zu sehen.

Um deine Kraft zum Frieden bitten wir, guter Gott:
Daß wir die schrecklichen Folgen der Kriege
nicht vergessen oder verschweigen;
daß wir eintreten für Versehrte und Verstörte,
für die Opfer trennender Grenzen,
für die Minderheiten und Flüchtlinge -
daß wir sie verstehen und unter uns aufnehmen.

Um deine Kraft zum Frieden bitten wir, guter Gott.
Vater unser
Segen

Donnerstag, 27. Mai 2010

PFINGSTEN INTERNATIONAL – INTERKONFESSIONELL

Menschen aus mehr als einem Dutzend Ländern waren es beim 1. Pfingstfest in Jerusalem, die von den großen Taten Gottes hörten. Menschen aus sieben Nationen hatten sich am Pfingstsonntag 2010 im Theaterkeller des Konservatoriums in Alanya eingefunden. Sie erlebten einen Gottesdienst in zwei Sprachen, auf Niederländisch und auf Deutsch. Nach dem Gottesdienst sagten mir eine Frau aus Irland und ein Mann aus Polen, sie hätten einfach gespürt, dass sie im Geist ganz und gar dabei gewesen seien, auch wenn sie weder Deutsch noch Niederländisch verstehen oder sprechen könnten. Es geht auch in unseren Tagen wohl so manches über unser Verstehen hinaus. Vor allem dann, wenn wir in die große Pfingstbitte einstimmen:


Veni creator spiritus – Komm Heiliger Geist


Mindestens drei protestantische, die römisch katholische und die anglikanische Konfession waren vertreten. Nichts hinderte uns, gemeinsam das Kyrie eleison zu rufen und in den Lobpreis Laudate omnes gentes einzustimmen. Irgendwie war all das, was Pfingsten ausmacht, ganz und gar präsent. Der Geist Gottes, der uns Jesus und sein Werk interpretiert, verbindet Konfessionen und Nationen. Erfahrungen, die wir nicht missen möchten.


Einige Bilder verdeutlichen im Folgenden unser Pfingstfest 2010 in der „Christlichen Gemeinde deutscher Sprache St. Nikolaus“ in Alanya.

 


 


 
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Der Pfingstmontag stand dann wieder ganz im Zeichen der Begegnung unserer beiden Gemeindeteile Alanya und Antalya in der Kirche im Garten der Toleranz in Belek Das Gotteshaus war bis auf den letzten Platz gefüllt.. Die beiden Pfarrer ( röm. – kath. und evang.luth) in vertrauter Brüderlichkeit und die ökumenische Gemeinde, die längst die konfessionellen Grenzen überschritten hat und überschreitet, feierten mit einander.


Und anschließend das obligatorische gemeinsame Essen. In diesem Jahr in einem Lokal in Sorgun auf einer Terrasse über den Manavgat gebaut. Wir spüren und erleben, dass Leib und Seele untrennbar zusammen gehören. So werden wir in Christus ein Leib über alles, was uns

– noch – trennt, hinweg.


Einige Bilder vom Gottesdienst.
 
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Samstag, 17. April 2010

KARWOCHE UND OSTERN - EREIGNISREICHE TAGE

Wir hatten uns eine Menge vorgenommen für die Zeit vom Gründonnerstag bis hin zum Ostermontag. Heute blicken wir voller Dank auf diese Zeit zurück.
Ein bunter Bilderbogen soll einen Eindruck davon vermitteln. Er schließt ab mit einer Bildmeditation, die Pfr. Johann Weingärtner im Ostermontag in Belek in der Kapelle im Garten der Toleranz als Predigt gehalten hat. Das Bild zeigt die beiden Jünger Johannes und Petrus auf dem Weg zum leeren Grab und ihren Erlebnissen dort. Der Bibeltext ist bei Johannes 20, 1-10 zu finden.

Gründonnerstag: Abendmahlsgottesdienst mit der Norwegischen Gemeinde und anschließenden Agapemahl
Ostersonntag: Gottesdienst mit der Niederländischen Gemeinde – da war kein Platz mehr frei.

Die Pfarrer Johann Weingärtner und Willem van Buuren stellen die Osterkerzen der beiden Gemeinden auf die Leuchter: Christus – Licht der Welt.
Und anschließend das Osterfrühstück bei strahlender Sonne am Berg hoch über der Stadt Alanya.
Ostermontag – wie immer an den 2. Feiertagen – das Treffen der Gemeinden aus Antalya und Alanya in er Kapelle im Garten der Toleranz in Belek.
Pfr. Weingärtner gestaltete die Predigt als Betrachtung zum Bild: „Die Jünger Petrus und Johannes eilen zum Grab am Auferstehungsmorgen“ von Eugene Burnand.
1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weg war.
2 Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
3 Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus und sie kamen zum Grab.
4 Es liefen aber die zwei miteinander und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab,
5 schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein.
6 Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen,
7 aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort.
8 Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte.
9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsste.
10 Da gingen die Jünger wieder heim.


Die beiden Jünger auf unserem Bild sprechen mit ihrer Haltung eine deutliche Sprache: Sie haben es eilig. Nach vorne gebeugt stürmen sie los.

Der linke von beiden, es ist wohl Johannes, hält die Hände fest zusammengedrückt vor der Brust, so als wollte er sagen: Du liebe Zeit! Oh weh, was ist da geschehen. Die Nachricht – von Maria Magdalena überbracht – war ja alles andere als eindeutig: Vermuteter Grabraub – sie haben den Herrn weggenommen. Und wohin haben sie ihn gebracht? Diese Worte und entsprechende Gedanken voller Zweifel und großer Besorgnis signalisieren mir die Hände des Johannes.

Anders die Hände des Petrus. Die linke Hand mit ausgestrecktem Zeigefinder: Da müssen wir hin. Wir müssen nachsehen, überprüfen. Die rechte liegt auf dem Herzen, so als wollten sie das schnelle, vielleicht auch ängstliche Schlagen beruhigen. Man hält das Herz schon mal von außen fest, wenn es innen rumort. Ob es hilft?

Der Wind bläst den beiden zum Grab stürmenden Jüngern ins Gesicht, oder sie eilen so schnell, dass Haare und Gewänder nach hinten fliegen.

Was für ein Ostermorgen. Die Botschaft vom leeren Grab hat keinen Glauben geweckt. Grabraub und Leichenschändung sind eher denkbar als Auferstehung.
Nicht Freude und Osterjubel ergreift die Herzen, sondern Angst und ungewisse Ahnung. Was ist bloß geschehen?

Als sie auf dem Friedhof am Grab ankommen, sehen sie dieses geöffnet. Maria Magdalena scheint recht gehabt zu haben. Sie haben ihn weggenommen. Johannes hat es als erster entdeckt. Er war schneller, wohl auch jünger. Die Furcht jedoch hält ihn zurück, in das Grab hineinzugehen. Tod und Grab haben immer etwas an sich, das Furcht einflößt. Ein gewisser Abstand kann gut tun.

Petrus ist – wieder einmal – etwas draufgängerischer. Er geht hinein, will wissen, was Sache ist. Die Leichentücher liegen geordnet da. Sauber geordnet. Das sieht nicht nach Grabraub oder Leichenschändung aus. Eher wohl so: Der Tote hat sein Gewand abgelegt. Er braucht die Hüllen der Pietät nicht mehr. Ja, der Tod selbst ist beiseite gelegt. Übrig geblieben sind nur noch seine Merkmale.

Beide nehmen es wahr. Nach Petrus geht auch Johannes hinein. Diese Szene – Johannes neigt in seinem Schriftgut ja dazu, entscheidende Ereignisse wie ein Drama zu zeichnen – spricht mich besonders an. Es ist ein Hin und Her in der Bewegung von Furcht und Entsetzen hin zum aufkeimenden Glauben. Einer schaut nur ins Grab hinein und weicht zurück, der andere sieht genauer hin und was geschieht mit ihm? Zunächst keine Erwähnung. Der andere geht nun doch hinein, um sich zu überzeugen, was geschehen ist.

Ostern wird es langsam. Von Furcht und Entsetzen hin zu ersten Hoffnungsschimmern. Von großer Befürchtung hin zu ersten Schritten des Vertrauens. So geht es den Menschen, wenn sie die Botschaft hören, dass der Christus ein lebendiger ist. Wie denn und wo denn?
Schauen wir noch einmal auf unser Bild. Die beiden scheinen mit dem Kopf voraus zu laufen. So als streckten sie sich einem Ziel entgegen. Die Augen sind ebenfalls ganz nach vorne gerichtet, auch wenn ich auf den Gesichtern noch einige Züge von Zweifel und Unbehagen zu erkennen meine. Das Ziel aber heißt erkennen, erfahren, wahrnehmen, was geschehen ist.

Man muss sich schon auf den Weg machen. In der Gemeinschaft der Frustrierten und der Zweifler sitzen zu bleiben - das verhilft zu keiner neuen Erfahrung. Auch zu keiner mit dem Glauben und schon gar nicht mit dem lebendigen Gott. Da kann man zwar alle die üblichen Wenn und Aber durchkauen und das immer wieder, aber es passiert nichts.
Der Weg zu einem lebendigen Glauben geht nur über die Suche und die Bereitschaft, Altgewohntes zu verlassen und sich auf ein Neues einzulassen. Ich glaube sogar, dass der ganze Glaube ein Weg ist, ein unterwegs sein – weg von Altem hin zu Neuem:

- Vom Zweifel zur Überzeugung
- Von Skepsis zum Vertrauen
- Von Verzagtheit zur Hoffnung – und letztlich
- Vom Tod zum Leben

Dahin sind jedenfalls die beiden auf unserem Bild unterwegs. Dass sie am Ende unserer Geschichte da schon ganz angekommen sind, das wird aus dem Text des Evangeliums, das wir gehört haben, noch nicht deutlich. Von einem – das ist nun wieder Johannes, der sich selbst in seinem Evangelium immer ein wenig umschreibt, ohne seinen Namen zu nennen – wird gesagt, dass er nach dem 2. Anlauf, das leere Grab in Augenschein zu nehmen, geglaubt habe. Wir könnten auch sagen: Er hat Vertrauen gefasst. Von Petrus wird das nicht gesagt. Vielleicht trägt auf unserem Bild deshalb Johannes auch ein weißes und Petrus ein dunkelbraunes Gewand, ich weiß es nicht, es ist mir aber aufgefallen.

Auf jeden Fall wird von beiden gesagt, dass sie noch nicht richtig verstanden hatten.
Und so gehen sie erst einmal wieder nach Hause. Eingeweihte wissen, dass es in der Folge eine Reihe von Begegnungen mit dem lebendigen Christus gegeben hat – so berichtet Johannes. Unsere Geschichte von den beiden zum Grab Eilenden endet hier. Und das Bild bleibt mit seiner Darstellung auch in dieser Situation stehen. Wir auch – so in einem Zwischenzustand zwischen Karfreitag und Ostermorgen. Zweifel und Glauben, Skepsis und Vertrauen?

Ich halte noch einmal ein – und sehe auf das Bild. Der Maler hat einen besonderen Hintergrund gemalt. Da sind die dunklen Wolken noch zu sehen, aber hinter ihnen geht die Sonne auf. Sie ist selbst noch nicht zu sehen, aber ihr Schein ist mehr als deutlich. Das Licht von Ostern, von Auferstehung ist da.
Es hüllt die beiden ein. Und mit ihnen alle, die unterwegs sind, das Leben, den lebendigen Christus zu suchen. Das Licht hüllt auch alle Zweifel, ja allen Unglauben, alle Furcht mit ein. Und damit auch jede und jeden von uns. Ostern, der lebendige Christus ist mehr als das, was wir mitbringen, was wir schaffen auf unserem Weg, viel größer, viel umfassender.

Und am Ende hüllt er mit seinem Licht alles Dunkel ein und die Welt wird hell und unser Herz auch, der Verstand wird klar und der Weg kommt an sein Ziel. Das Ziel ist Leben, das durch nichts und niemand mehr zerstört werden kann. Machen wir uns auf den Weg.

Amen

Samstag, 13. März 2010

FASTENZEIT UND OSTERFEST 2010 IN ALANYA

Die Themen sind vorgegeben: Leiden ertragen und so verwandeln, Tod und Leben und wie beides zusammengehört, Sterben und Auferstehen. Das sind zentrale Inhalte des christlichen Glaubens. Wie können wir sie neu entdecken und beschreiben, nicht nur als Geschehen der Vergangenheit betrachten, sondern in unterschiedlicher Form vergegenwärtigen – das haben wir uns für diese Zeit vorgenommen.

Wir erleben es hier in Alanya in den Angeboten der Christlichen Gemeinde deutscher Sprache: Kommunikativ und kontemplativ, also in inhaltlicher Auseinandersetzung einerseits und eher betrachtender Feier andererseits.
Beidem wollen wir uns dabei annähern: Dem leidenden und lebendigen Christus und unserem Erleben von und unserem Umgang mit Leid. Aber auch unserer Hoffnung auf Leben, das erfüllt ist und auf ewiges Leben jenseits aller Minderung durch Leid, ja Tod.

Wir praktizieren dabei – eigentlich wie immer – ökumenische Weite, und zwar nicht nur interkonfessionell, sondern auch international. Protestanten ganz unterschiedlicher Prägung und Katholiken feiern und diskutieren in großer geschwisterlicher Gemeinschaft. Unsere Gottesdienste zusammen mit der Niederländischen und der Norwegischen Gemeinde bedeuten eine weitere Grenzüberschreitung, die wir als große Bereicherung erleben. Die sprachlichen Grenzen werden überschritten durch Zweisprachigkeit und Übersetzung, aber auch gemeinsames Gebet und Lied in unterschiedlicher Sprache. Die Musik ist stets ein die Völker verbindendes Element gewesen.

Im Folgenden ein Auszug aus unserem Angebot zu Passion und Ostern 2010.




St. Nikolausgemeinde Antalya/Alanya
Christliche Gemeinde deutscher Sprache in Alanya

PASSIONSZEIT UND OSTERFEST

Montag, 08.03.10 um 15 Uhr Gemeindenachmittag
Thema: „Menschliches Leid und das Leiden Christi“
Der Passionsbericht des Johannes im Spiegel der Lyrik von Heine bis Benn

Sonntag Laetare, 14.03.10 um 11.30 Pfr. Joh. Weingärtner
Montag, 15.03.10 um 15 Uhr Gemeindenachmittag
Thema: „Schuld und Sühne – Sünde und Vergebung“
Biblische Texte im Literaturvergleich, u.a. Dostojewski und Kafka
Sonntag Judika, 21.03.10 um 11.30 Pfr. Rainer Korten
Sonntag Palmarum, 28.03.10 um 11.30 Gottesdienstteam
Karfreitag, 02.04.10 um 11.30 Pfr. Johann Weingärtner
Gründonnerstag, 01.04.10 um 19 Uhr Gottesdienst
zum Gedächtnis der Einsetzung des Abendmahls.
Zusammen mit der Norwegischen Gemeinde.
Anschließend gemeinsames Abendessen – „Agapemahl“


1. OSTERFEIERTAG – SONNTAG, DEN 4. APRIL
10 UHR ZWEISPRACHIGER GOTTESDIENST
GEMEINSAM MIT DER NIEDERLÄNDISCHEN GEMEINDE

ANSCHLIESSEND BUSFAHRT NACH TEPE ZUM OSTERFRÜHSTÜCK


2. OSTERFEIERTAG – MONTAG, DEN 5.APRIL
11 UHR GOTTESDIENST IN BELEK
GEMEINSAM MIT DER GEMEINDE ANTALYA

ANSCHLIESSEND WANDERUNG VON PERGE NACH ACSU
MIT ERINNERUNG AN DEN JÜNGERWEG VON JERUSALEM NACH EMMAUS.

ABCHLUSS: GEMEINSAMES MITTAGESSEN
ABFAHRT DES BUSSES VOM KULTURHAUS ALANYA UM 8.30
KOSTEN FÜR BUSFAHRT UND ESSEN:

Die Gottesdienste finden – wenn nicht anders vermerkt – im Haus des Konservatoriums/Kulturhaus Alanya, die Gemeindenachmittage und der Gottesdienst am Gründonnerstag im Haus der Norwegischen Kirche hinter dem Hotel Micador statt.

Allen Gemeindegliedern und allen Lesern wünsche ich eine besinnliche Passionszeit und ein fröhliches Osterfest.

Johann Weingärtner, Pastor i.R. in Alanya