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Dienstag, 16. September 2008

PREDIGT am 14.09.08 über MATTH.5,3

Liebe Gemeinde,
nach der biblischen Tradition ist Mose auf den Berg Sinai gestiegen, um dort Gott zu begegnen. Aus dieser Begegnung bringt er die 10 Gebote oder Lebensregeln mit. Wer tut, was sie sagen und nicht tut, was sie verbieten, der führt ein Gott wohlgefälliges Leben, der lebt moralisch auf der Höhe, in Gottes Nähe, aus der ja die Gebote kommen.
Jesus steigt auch auf einen Berg. Er ist auch in Gottes Nähe. Aber nun kommen keine neuen Gebote, Forderungen, sondern einige schlichte Beschreibungen. Jesus beschreibt, wer glücklich ist – in den Augen Gottes. Wer so, wie beschrieben lebt, der schaut durch ein Fenster in den Himmel. Machen wir uns also auf den Weg!
Der 1. Satz, den wir hören, lautet so: „Glücklich sind, die im Geiste arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich“. Damit man nun nicht meint, damit wären wohl die Dummen gemeint, übersetzt Luther so: Selig sind die geistlich armen… Was ist damit gemeint?
Schauen wir zunächst aufs Gegenteil: Was ist denn „reich sein“?
Geld macht nicht glücklich, sagte neulich jemand. Aber es beruhigt doch!
Stimmt das? Könnte man nicht auch genau das Gegenteil behaupten?
Wer Geld hat, ist doch ständig von der Sorge besessen, es nicht zu verlieren, und zugleich treibt ihn die Sorge, mehr daraus zu machen. Was nicht mehr wird, ist schon ein Verlust.
Solche Sorge und Unruhe ist schon ein Hinweis, dass das Glück, das mit Reichtum zusammenhängt, sehr brüchig ist. Zwiespältig ist es auf jeden Fall.
Aber Reichtum oder Geld machen doch unabhängig und frei – wendet der Verstand ein. Ich kann mit ausreichend Mitteln tun, was ich will, kann mir erlauben, was ich haben möchte, brauche nicht in Abhängigkeiten zu leben. Ich bin dann mein eigener Herr oder meine eigene Frau.
Stimmt das wirklich?
Bin ich wirklich Besitzer meines Besitzes, kann ich frei mit ihm umgehen, oder besitzt am Ende mein Besitz mich? Dann bin ich eben doch nicht so frei, wie ich es gerne hätte. Ich muss dann für meinen Besitz da sein und er regiert eher mich als ich ihn.
Ein Beispiel für das, was ich meine: Als ich jung war, bin ich einmal mit einer kleinen Handtasche Gepäck vier Wochen durch Griechenland gereist. Das war eine meiner schönsten Reisen. Überall war ich der erste. Als erster aus dem Flughafen heraus, dann aus den Bussen. Ich musste nicht ständig aufpassen und aufs Gepäck achten und hatte nicht viel zu tragen. Ich war frei und unbeschwert – im wahrsten Sinn des Wortes – weil ich nichts oder nur das Nötigste hatte.
Wer reich ist, will mit seinem Besitz immer die Welt in den Griff seines Reichtums zwingen. Er will in die Hand nehmen und bestimmen.
In Wirklichkeit wird er aber in den Griff seiner Sorgen genommen. Er ist nicht frei, sondern besetzt.

Andrerseits ist es nun aber wirklich nicht schön, arm zu sein. Vor allem, wenn das keine freiwillige Entscheidung ist, sondern man in die Armut hinein gezwungen wird. Da dürfen wir jetzt wirklich nichts Falsches glorifizieren. Auch als ich mit wenig Gepäck gereist bin, hatte ich ja noch meine Geldbörse für das Nötige. Arm sein ist kein Wert an sich.
Aber es kommt darauf an, zu lernen, was man daraus macht oder wie man damit umgeht. Auch wer arm ist, hat doch immer noch seine Würde. Die kann ihm niemand nehmen. Und wer reich ist, hat deshalb allein noch lange keine Würde. Er muss sie erst aus anderen Quellen gewinnen.
Wir merken: Jesus spricht in der 1. Seligpreisung von einem inneren menschlichen Wesenszug, der ganz unabhängig von irgendwelchen Äußerlichkeiten ist. Wer an Äußerlichkeiten sein Herz hängt und von daher sein Leben aufbaut, der ist verloren. Das beruhigt ihn nicht wirklich. Die Motten zerfressen die Schätze der Welt. So wird man nicht glücklich.
Was ist das denn nun für ein Wesen in uns, das unter allen Anhängseln liegt, von denen wir arm, frei oder ledig werden müssen, um zu ihm – dem Wesen - vorzustoßen, auch um so wirklich glücklich zu werden.
Am besten kann ich das, was ich meine, mit einem Märchen erklären. Die meisten werden es kennen,- das Märchen vom „Hans im Glück“. Als Kind habe ich immer mit dem Hans gezittert, weil es immer weniger wurde, was er hatte. Ich hielt ihn für ein wenig dumm oder naiv. Aber darum geht es ja gerade. Am Ende hat er gar nichts mehr, aber er ist frei und tanzt.
Schauen wir genauer zu:
Da hat jemand kräftig gelernt und gearbeitet. Das ist einen Klumpen Gold wert. Aber dieser Reichtum ist schwer. Er bindet. Er kommt mit dem Gold am Bein nicht so recht von der Stelle. Für den Klumpen Gold tauscht er deshalb ein Pferd ein. Das ist kräftig und schnell. Mobilität, ein tolles Auto, eine Yacht, Traumschiffreisen, Kreuzfahrten – darauf setzt er jetzt. Aber auch das wird mit der Zeit langweilig. Jetzt kommt die Kuh, das Schwein, die Gans. Etwas, was man melken kann, ein saftiger Braten, gutes Essen, ein weiches Bett mit Gänsedaunen,- Luxus, Genuss, Vergnügen, der Bauch also. Das Leben ist so kurz. Es also in vollen Zügen genießen – das ist die Devise jetzt.
Dann aber kommt sehr bald schon wieder der Überdruss, die Langeweile. Da muss wieder Arbeit, die Anstrengung, eine Aufgabe her: ein Schleifstein. Damit bekommt man u.a. scharf geschliffene Waffen des Geistes und Verstandes. Man hat etwas zu tun. Kann alles zurecht schleifen oder sich verständlich zurechtlegen
Aber am Ende geht alles baden. Der Schleifstein fällt ins Wasser. Und das Wasser ist ein Symbol für die Tiefe der Seele, für das Unbewußte.
Jetzt erst ist der Hans frei – und tanzt. Als hätte er erst nach langem Leben das Wesentliche erkannt:
Nämlich:Die Arbeit hats nicht gebracht; der Reichtum nicht, die Reisen nicht, der Genuss, das Vergnügen nicht, das Essen und Schlemmen nicht, die Verstandeskultur, das Begreifen und Durchschauen nicht. Ja,- was bringt`s denn nun?
Die „Armut“ würde ich sagen. Das Lossein aller Last.
Du musst nichts aufweisen. Nichts von dem, was du hast oder was du erreichst, macht dich als Mensch aus.
Glücklich ist, wer einfach nur da ist. Wer ohne Berechnung, ohne Absicht jeden Augenblick im Augenblick genießt. Wer dankbar ist für das, was ist und was ihm Moment für Moment zu fällt – wie der Atemzug, wie das Leben. Das genügt. Das ist wahres Glück. Ich kann und darf alles besitzen und genießen,- aber nichts besitzt mich. Dann ist alles gut!
Jesus sagt sogar: Bei denen es so steht, - bei denen ist das Himmelreich. Er verspricht keine Belohnung für eine solche Lebenshaltung, sondern diese Haltung ist schon die Belohnung. Wer so frei ist, der ist schon im Himmelreich. In solch einem Menschen geht der Himmel auf. In ihm ist Himmel – ein Raum von Weite und Freiheit, von Fülle und Liebe. Das ist das Entscheidende, was wachsen soll.
Zum Schluss die wichtigste Frage: Wie erreichen wir das? Wie bekommen wir`s?
Nun, wir müssen nichts dazu bekommen. Wir müssen nicht noch etwas erreichen. Wir haben schon, was wir dazu brauchen. Wir müssen es nur zulassen. Wir sind ja von Natur aus bereits so arm und frei. Wir machen uns nur gerne reich und dick – letztlich aus Angst und aus einem Streben und Leisten, das aus solcher Angst kommt.
Aber am Ende können wir so wie so nichts Erreichtes mitnehmen. Deshalb ist es der größte Gewinn, diese Freiheit auch vorher schon – also im Leben – zu gewinnen.
Wer das will, muss nur auf sich achten lernen, damit er nicht immer wieder in die alten Fallen seines Ehrgeizes und seiner Gier tappt. Gott hat die Gabe zum Glück in uns hinein gelegt. Wir müssen sie nur zulassen, dann wächst sie von selbst.
Wer einmal den Weg des Loslassens gefunden hat, spürt, wie befreiend das ist und wie alles Wichtige von alleine wächst.
Glücklich sind die im Geiste armen, deren Geist und deren Seele nicht besetzt ist; die möglichst alles und am Schluss sich selbst loslassen in Gott hinein,- denn ihrer ist das Himmelreich – schon jetzt.
AMEN

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