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Montag, 8. September 2008

PREDIGT vom 7.9.08 zur Einführung in die Seligpreisungen

Liebe Gemeinde,
zweimal im Jahr wird im Gottesdienst an ein Thema erinnert, das uns alle in tiefster und ernstester Weise betrifft, an das wir aber nicht so gerne erinnert werden: an den Tod.
Das ist einmal um Ostern herum, wenn wir an Tod und Auferstehung Jesu denken – und dann zu Beginn des Herbstes, an diesem heutigen 16.Sonntag nach Trinitatis, wenn wir von Lazarus`Tod und Auferstehung hören.
Beide male geht es nicht nur um Tod, sondern zugleich um Leben, Auferstehung. Im Frühling, zu Ostern ist das selbstverständlich. Im Herbst, jetzt, ist es um so wichtiger – und es weckt unser Interesse: Was ist mit dem Leben?
Es wird auch deutlich, dass das Johannes-Evangelium den Tod und die Auferstehung des Lazarus nicht nur konkret meint, sondern dass es Tod und Auferstehung auch als Metapher versteht für alles, was im Leben tot macht und was neu leben lässt.
Der Lazarus unseres Evangeliums ist eingebunden in Binden, geradezu eingewickelt; er ist gebunden in Bindungen, verwickelt in Verwicklungen, geradezu verstrickt in ein Leben, das zum Tode führt. Als wäre er in all dem erstickt.
Jesus sagt dann auch: nehmt ihm die Binden ab! Als würde er sagen: Lasst ihn erst einmal atmen. Wenn Luft, Atem, Odem in sein Leben kommt, wird er auch wieder leben können.
Damit sind wir beim Thema.
Ich habe mir vorgenommen, Ihnen in den nächsten Wochen, in den Predigten der kommenden Sonntage, einen „Weg zum Leben“ zu zeigen. Das mag ein großes Wort sein – aber es soll sich doch auch „lohnen“, treu in den Gottesdienst zu kommen.
Mit Leben ist nun natürlich ein qualititatives Leben gemeint und nicht etwa nur so ein Dahinleben auf Sparflamme. Ich könnte auch sagen: es soll um ein glückliches Leben gehen.
Viele werden sagen: Ja, genau deshalb bin ich ja hier an der türkischen Riviera. Hier ist es warm und die Sonne scheint. Das Essen schmeckt gut und die Menschen sind freundlich. Hier bin ich weniger einsam als zuhause, weil man leichter in Kontakt kommt, leichter und unkomplizierter miteinander spricht.
Aber das ist ja nur die eine Seite.
Die Sonne kann leicht auch zu warm werden,- und dann stöhnen wir unter der Hitze. Das Essen ist auch nicht alles, und es ruiniert die Figur. Und die freundlichen Menschen können mich auch ganz schön enttäuschen. Viele Gespräche sind oft eigentlich nur Klatsch und Tratsch.
Also: uns kann es hier im Gottesdienst nur um ein glücklicheres Leben auf einer tieferen Ebene gehen. Was macht mich wirklich glücklich, so dass ich mich zugleich gefestigt und lebendig empfinde?

Die alten griechischen Philosophen kannten drei Begriffe für unser deutsches Wort“Glück“ : zuerst „eudaimonia“. „Eu“ heißt „gut“ und der Daimon, Dämon, ist so etwas wie ein Seelenführer. Also ein guter Seelenführer. Glücklich ist also, wer mit seinem inneren Schatz, seinem seelischen Potential in guter Verbindung steht. Glücklich ist, wer diesen Schatz in sich entdeckt und findet und ihn entwickelt, so dass das göttliche Element in uns nicht nur verkrüppelt oder verdrängt da ist, sondern sich zur vollen seelischen Kraft entfaltet.
Dann gibt es 2. die „Eutyche“. Tyche ist der Zufall. Also der gute, glückliche Zufall. Gemeint ist dasselbe als wenn wir sagen: da habe ich aber Glück gehabt. Das ist ja noch einmal gut gegangen. Glücklich wären demnach die Sonntagskinder, bei denen alles wie im Schlaf geht.
Und dann gibt es noch den 3. Begriff „makarios“ oder „Glückselig“.
Die Griechen meinten, makarios wären nur die Götter, weil sie frei von Arbeit und Mühsal sind, weil sie ein unsterbliches Leben haben und alterslos sind und weil sie von niemandem bestimmt werden, weil sie also frei sind und ganz sie selber sein können.
Aber eben: eine solche Glückseligkeit gibt es nur im Himmel und nicht auf der Erde.

Nun gibt es aber einen sehr bekannten Bibeltext, in dem Jesus eben dieses Wort „makarios“ ausdrücklich den Menschen zuspricht. Seiner Meinung nach können also auch die Menschen „makarios“ sein, dann nämlich, wenn sie das Wort Gottes hören und tun. Damit meint er nun nicht irgendwelche Gebote, denen man gehorchen soll. Er meint also keine besondere Moral.
Jesus selber ist das eine Wort Gottes. Ihn also sollen wir hören – und dann wird er uns zu unserem inneren Schatz führen, aus dem heraus wir wirklich Makarios, glückselig werden können.
Jesus zeigt diesen Weg in den berühmten Worten der Seligpreisungen.
Jesus ist auf einen Berg gestiegen, also in die Nähe Gottes gerückt. Nun zieht er die Menschen zu sich auf diesen Berg und in die Nähe Gottes. Ein achtfacher Pfad führt in diese Höhe, in die Nähe Gottes. Acht Tugenden führen in diese Richtung.
Nun müssen wir uns allerdings vor einem Mißverständnis hüten: Tugend , das klingt nach Anstrengung und Moral. Geht es etwa doch um Gebote, Pflichten und Bemühungen?
Nein,- darum geht es nicht! Es geht um eine große Entdeckung: Die Kraft dieser Tugenden liegt schon in mir. Sie sind wie eine Gabe, die Gott in mich gelegt hat, und ich soll ihr nur mit meiner kleinen Kraft antworten. Vielleicht kenne ich dieses Vermögen noch gar nicht, vielleicht habe ich es noch nicht ausprobiert. Wenn ich ihm aber antworte, dann gehe ich schon den Weg, der mich in die Nähe Gottes führt.
Wenn ich den Berggipfel auf diesem achtfachen Pfad erreicht habe, dann bin ich wirklich glücklich.
Hören wir jetzt einmal in diese 8 Seligpreisungen hinein: Mt 5.

Wie? – denken wir jetzt vielleicht überrascht: da ist von „arm sein“ die Rede, von Leidtragen, von Hunger und Durst, von so schwierigen Dingen wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit, Sanftmut und Verfolgung.
Das soll glücklich machen?!
Das soll das Glück sein?!
Ja, eben: es ist eine Sichtweise, die wir erst lernen müssen. Unser natürliches Denken, unsere natürliche Haltung, sagt etwas anderes. Vielleicht sagt sie sogar genau das Gegenteil. Aber damit wollen wir uns ja gerade nicht mehr zufrieden geben. Geld, Macht und Ansehen, Hartherzigkeit und Friedlosigkeit, Gewalt und Egoismus machen eben nicht glücklich,- das wissen wir im Innersten schon lange. Wir spüren es. Der nachsinnende Mensch merkt das irgendwann in seinem Leben.
Wir suchen stattdessen „Fenster zum Himmel“ – und die finden wir in den 8 Seligpreisungen Jesu. Mit der 1.: „Selig sind, die geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich“ beginnen wir am nächsten Sonntag.

Zum Schluss noch einmal zurück zum Lazarus:
Seine Binden sind auch unsere Bindungen. Oft haben wir die Binden gerade vor den Augen, auch den Augen des Herzens. Wir wollen nicht recht verstehen.
Wir wollen diese Binden ablegen lernen, um das Leben zu lernen. Wir wollen das „Glück des Lebens“ neu finden.

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